Jüdisches Museum Westfalen

Im Jüdischen Museum Westfalen in Dorsten informiert die Dauerausstellung Besucherinnen und Besucher anhand von Exponaten und einem Audiosystem über die Geschichte der Jüdinnen und Juden. Leider schüren fehlende Einblicke in die Kultur noch heute Vorurteile. Um dies zu vermeiden, hat sich die Trägerschaft des Museums zur Aufgabe gemacht, Nichtjüdinnen und Nichtjuden das jüdische Leben und dessen Geschichte zu vermitteln. Der Ort lebt neben den Ausstellungen von Vorträgen, Begegnungen, Diskussionsrunden, Veröffentlichungen … ein bemerkenswertes Konzept gegen das Vergessen!

JMW Thomas Ridder

[ruhr-guide] Seit 1992 besteht das Jüdische Museum Westfalen in seiner heutigen Form in Dorsten. Das Museum ist von großer Bedeutung für die Region. Es leistet mit seinen zum größten Teil ehrenamtlich tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen erheblichen Beitrag zur Vermittlung der Geschichte jüdischen Lebens. Das Augenmerk liegt dabei auf Westfalen: Jüdinnen und Juden lebten seit ungefähr 900 Jahren in der Region Westfalen unter Christinnen und Christen, doch während der NS-Diktatur änderte sich ihre Lage dramatisch. Das Jüdische Museum greift in seiner Arbeit die Themen der jüdischen Kultur auf, sucht nach deren Spuren in der Vergangenheit und blickt in eine offene Zukunft!

Eine Bürgerinitiative

Aus einer Dorstener Bürgerinitiative, die sich bereits 1982 mit der nationalistischen Vergangenheit auseinandersetzte, entstand 1987 der „Verein für jüdische Geschichte und Religion e.V.“. Die Gründung war eine notwendige Schlussfolgerung ihrer Tätigkeit, die im Laufe der Zeit auf folgende Problematik stieß: das fehlende Wissen über die jüdische Kultur und Religion gab antisemitischen Vorurteilen weiterhin einen Nährboden. So war man sich einig darüber, dass ein Museum als Plattform den Zweck erfüllen würde, Nichtjüdinnen und Nichtjuden die fehlenden Einblicke und Informationen zu vermitteln. Mit Hilfe des Landes NRW, des LWL und der NRW-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege konnten historische Exponate angekauft werden. Ein weiterer Teil der Objekte ist auf private Leihgaben und Schenkungen zurückzuführen. Durch die Unterstützungen konnte schließlich das Vorhaben des „Jüdischen Museums Westfalen“ umgesetzt werden.

Zudem sanierte die Stadt Dorsten eine Villa im Zentrum und vermietete das Gebäude an den Verein. Das Museum eröffnete 1992 und wurde 2001 durch einen Anbau erweitert. Ebenfalls wurde im Jahr 2001 mit Hilfe der Landesregierung NRW eine Stiftung gegründet, um die kontinuierliche Arbeit des Museums auch in Zukunft abzusichern, die derzeit hauptsächlich von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gestemmt wird. Trägerinnen und Träger der Stiftung sind der Kreis Recklinghausen sowie die Sparkasse Vest Recklinghausen.

Dauerausstellung

Die Dauerausstellung im Obergeschoss: „Jüdische Religion und Tradition“ sowie „Jüdische Lebenswege in Westfalen“ ist unterteilt in zwei Themenbereiche. Der erste Ausstellungsteil gibt Aufschluss über religiöse Abläufe: die Stichworte Tora – Synagoge – Gemeinde werden anhand von Exponaten und Informationstexten ausführlich behandelt. Doch wie leben die Jüdinnen und Juden? Unter Haus – Familie – Individuum wird das Alltagsleben, wie jüdische Feste und Bräuche vorgestellt. Dritter Punkt: die Judenfeindlichkeit, im Besonderen die Verfolgung und Vernichtung der westfälischen Jüdinnen und Juden während der Zeit des Nationalsozialismus‘ wird thematisiert. Ein „regionaler Schatz“ der Ausstellung ist der Bottroper Bücherfund, ein Korb gefüllt mit jüdischer Literatur, der lange Zeit unentdeckt blieb und letztlich im Jüdischen Museum seinen festen Platz fand. Über den Grund seines Versteckes kann nur spekuliert werden. Seine Besitzerinnen und Besitzer konnte diese Fragen nicht mehr beantworten, weil sie sind von den Nationalsozialisten ermordet wurden.

»L‘Chaim!« – Auf das Leben!

„»L‘Chaim!« – Auf das Leben!“ (2018), die dritte Dauerausstellung des Jüdischen Museums Westfalen übernimmt diese wichtigen Themen und führt sie mit neuer Gestaltung fort. Außerdem werden weitere wichtige Themen aufgegriffen: jüdische Vielfalt, Ein- und Auswanderung, jüdische Ethik und Jüdischsein in der Gegenwart. Im Rahmen der Themen „Digitalisierung“ und „Interaktion“ wird die Ausstellung mit kreativen Methoden interaktiv gestaltet und lädt so zum Erkunden und Mitmachen ein. Auch die Ausstellung „Jüdische Lebenswege in Westfalen“ wird in der Perspektive der neuen Ausstellung um einige jüdische Biografien bereichert, anstelle des bisherigen Ausstellungsformats wird die „Lebenswege“-Ausstellung zur Bildschirmpräsentation. Weitere Sonderausstellungen, Konzerte, Lesungen, Gespräche sowie Ferien- und Familienangebote bieten ein großes Spektrum an, um das jüdische Leben und seine Geschichte in der Vergangenheit als auch Gegenwart zu verstehen.

JMW

Aktuelle Ausstellung

In der Ausstellung „Shtetl – arayn un aroys. Kunst der jüdischen Renaissance aus der Sammlung Rubinstein-Horowitz“ wird die jüdische Kunst des Anfang des 20. Jahrhunderts dargestellt. Die Werke der jüdischen Künstlerinnen und Künstler erzählen über die Kunst und Geschichte des Judentum, wie etwa über die traditionnelle Welt der Shtetl. Doch die Blütezeit der jüdischen Kunst war nur kurz, als der Ministerpräsident der Sowjetunion Josef Stalin für die Vernichtung der jüdischen Kultur und damit auch für die jüdische Kunst sorgte. Nur wenige Juden und Jüdinnen durften ihre Kunst weiter ausüben. Dank ihnen und weiteren Künstlerinnen und Künstler, die die jüdische Kunst im Untergrund weiter praktizierten, können wir heute diese außergewöhnliche Kunst und ihre Kultur bewundern und verstehen.
Diese Ausstellung ist vom 09.06.-27.10.2024 zu besuchen.

Zeitzeuginnen und Zeitzeugen berichten

Auch sehr aufschlussreich sind die Audiobeiträge zu den Judensternen. Hier kommen Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu Wort und berichten, wie es sich mit einem Stern in der Öffentlichkeit lebte. Der zweite Ausstellungsteil verdeutlicht die Lage der Jüdinnen und Juden anhand von Zeugnissen, Berichten, Hinterlassenschaften und Schilderungen – 14 individuelle Geschichte von Jüdinnen und Juden mit verschiedenen Berufen während unterschiedlicher Epochen werden erzählt. Sie können an speziellen Audiostationen noch intensiver in das Thema Judentum eintauchen. Die Geräte sind im Eintrittspreis enthalten.
Ihnen reicht die Information der Dauerausstellung nicht? Dann finden Sie im neuen Anbau eine Studienbibliothek mit ca. 4.000 Büchern und Zeitschriften zum Eigenstudium.

Angebote für Kinder und Familien

Wann beginnt der wöchentliche Ruhetag Schabbat? Und wie schreibt man seinen Namen auf Hebräisch? Diesen Fragen und vielen weiteren können Kinder ab acht Jahren mit der Museumsrallye nachspüren und so die Dauerausstellung eigenständig erkunden. Themen wie Chanukka, Pessach, Speisegesetze, die hebräische Sprache und mehr können mit Buddybooks des Museums spielerisch und kreativ erarbeitet werden. Um die jüdischen Feiertage rum wie zu „Chanukka“ oder „Pessach“ bietet das Museum Ferienwerkstätte und Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche an. Im Oktober 2024 wird eine Kinderecke in der Dauerausstellung eröffnet, in der mit Spiel und Spaß verschiedene Themen kindgerecht entdeckt werden können.
Eine Ausstellungsspur, dessen Logo von der deutschen Kinderbuchautorin Cornelia Funke kreiert wurde, führt Kinder und Jugendliche durch die Ausstellungen und erklärt besondere Exponante und Mitmach-Stationen.

JMW Schulklasse Pessach

Veranstaltungen

Neben der jüdischen Kunstwerke bietet das Museum ein buntes Programm an ausstellungsbegleitenden Lesungen oder Gesprächen, Konzerte, Theateraufführungen und Workshops für Klein und Groß, Tage der offenen Tür und Führungen an.
So werden Führungen zur aktuellen Sonderausstellung „Shtetl – arayn un aroys Kunst der jüdischen Renaissance aus der Sammlung Rubinstein-Horowitz“ angeboten.
Am Sonntag, 21.07.2024, 15 Uhr gibt die Kuratorin Dr. Olga Sugrobova-Roth die Führung.
Am Sonntag, 08.09.2024, 15 Uhr gibt die Sammlerin Tanya Rubinstein-Horowitz die Führung.
Beide Führungen sind im Museumseintritt eingeschlossen.
Anmeldung per Mail rezeption@jmw-dorsten.de oder unter der 02362 45279.


Jüdisches Museum Westfalen

Julius-Ambrunn-Straße 1
46282 Dorsten

Anreise:
In unmittelbarer Nähe des Bahnhofs und Busbahnhofs Dorsten.
Kostenlose Park­möglich­keiten am Bahnhof/Busbahnhof Dorsten, 200 m vom Museum entfernt.
Ein Behindertenplatz befindet sich direkt am Haus.

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag: 10:00 – 12:30 Uhr und 14:00 – 17:00 Uhr
Samstag, Sonntag, Feiertage: 14.00 bis 17.00 Uhr
Montags, 23.12.2024-01.01.2025 geschlossen

Eintrittspreise:
Erwachsene: 5 Euro
Gruppe ab 12 Erwachsene: 4 Euro pro Person
Schulklassen und – kurse sowie Jugendgruppen über 10 Personen (aus den Mitgliedsstädten des Trägervereins): 15€ pro Gruppe
Schulklassen und -kurse sowie Jugendgruppen unter 10 Personen (aus den Mitgliedsstädten des Trägervereins): 1,50€ pro Person
Ermäßigungsberechtigte: 2,50 Euro
Kinder (bis 10 Jahre und in Begleitung mit Eltern): kostenfrei
Mitglieder des Deutschen Museumsbundes und ICOM-Mitlgieder: kostenfrei
Mitglieder des Trägervereins: kostenfrei

Sommerferien-Aktion (08.07.2024-20.08.2024)
Inhaber:innen der RuhrKultur.Card: kostenfrei
Jugendliche (11 bis 18 Jahre): dienstags kostenlos

Telefon: 0 23 62/ 4 52 79
Fax: 0 23 62 / 4 53 86
E-Mail: rezeption@jmw-dorsten.de (für allgemeine Infos und Buchung von Veranstaltungen)
info@jmw-dorsten.de (für Kontaktnahme mit der Geschäftsleitung)

Für weitere Informationen rund um das Programm, Führungen, aktuelle Ausstellungen und Vorträge besuchen Sie hier.

(Stand: Juli 2024, Angaben ohne Gewähr)

Foto 1: JMW Thomas Ridder
Foto 2: JMW
Foto 3: JMW Schulklasse Pessach

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